Neue HOAI 2021

Die neue HOAI 2021 tritt am 01.01.2021 in Kraft – wesentliche Inhalte und Auswirkungen auf Architekten- / Ingenieurverträge

HOAI 2021

1. Ausgangslage

Der EuGH hat in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland am 04.07.2019 – C 377/17 – entschieden, dass in der Beibehaltung der in Deutschland verbindlich geltenden Mindest- und Höchstsätze für Architekten und Ingenieurleistungen aus Anlage 2 – 8 und 10 – 15 HOAI ein Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie der EU zu sehen ist und die Mindest- und Höchstsätze der HOAI deshalb europarechtswidrig sein sollen. Einzelheiten zu dieser Entscheidung und die Auswirkungen auf bestehende Verträge und bereits anhängige Gerichtsverfahren können sie bei „HOAI und Europarecht“ nachlesen.

Unabhängig davon hat der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber auf die EuGH-Entscheidung vom 04.07.2019 reagiert und eine neue HOAI beschlossen, die nach dem zustimmenden Beschluss des Bundesrates zum 01.01.2021 in Kraft treten wird und für die dann abgeschlossenen Architekten- und Ingenieurverträge gilt.

2. neue HOAI 2021

Folgendes ändert sich im Wesentlichen:

2.1 keine verbindlichen Mindest- und Höchstsätze (jetzt: Basishonorarsatz und oberer Honorarsatz)

Der wichtigste Unterschied der neuen HOAI 2021 zu den bisherigen preisrechtlichen Regelungen ist, dass die Vertragsparteien Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen jetzt insgesamt frei vereinbaren können. Eine Preisbindung innerhalb der Mindest- und Höchstsätze und der Tafelwerte gibt es bei allen Architekten- und Ingenieurverträgen, die ab dem 01.01.2021 abgeschlossen werden, nicht mehr. Die Regelungen der HOAI zu den Berechnungshonoraren haben nur noch empfehlenden Charakter und sollen als Orientierungswerte für die Honorarvereinbarung gelten, welche die Vertragsparteien in einer freien Preisverhandlung finden und in Textform nach § 126 b BGB fixieren müssen.

Nur wenn keine Honorarvereinbarung in Textform getroffen werden konnte, soll künftig der Basishonorarsatz (der praktisch den bisherigen Mindestsatz ersetzt) gelten. Vorrang hat aber bei unverändertem Vertragsinhalt und unveränderten Planungs- und Überwachungszielen i.S.v. § 650 p Abs. 1 BGB immer das, was zwischen den Vertragsparteien an Honorar in Textform vereinbart wurde. Das gilt – auch das ist neu – nicht nur bei den Grundleistungen, sondern auch bei den Beratungsleistungen aus Anlage 1 HOAI; d.h. auch dort gilt das in Textform vereinbarte Honorar und ohne Vereinbarung der Basishonorarsatz als vereinbart.

„Textform“ nach § 126 b BGB umfasst schriftliche Erklärungen der Beteiligten, die auch auf elektronischen Datenträgern enthalten sein können; es genügen nun also auch schriftliche Vereinbarungen, die per E-Mail oder auf Datenträgern übermittelt worden sind (als PDF o.ä.).

Eine wichtige Wirksamkeitseinschränkung gibt es bei Verbrauchern als Auftraggeber: Dort ist eine Honorarvereinbarung oberhalb des Basishonorarsatzes nur dann wirksam, wenn der Architekt oder Ingenieur vor Abschluss der Honorarvereinbarung wiederum in Textform darauf hingewiesen hat, dass auch ein niedrigeres Honorar vereinbart werden kann. Erfolgt der Hinweis nicht oder nicht rechtzeitig, soll auch dann „nur“ der Basishonorarsatz als vereinbart gelten (anstelle der den Basishonorarsatz übersteigenden vertraglichen Honorarvereinbarung).

2.2 Honorarvereinbarung auch nach Vertragsabschluss möglich

Anders als bisher muss die von den Vertragsparteien zu treffende Honorarvereinbarung nicht mehr bei Auftragserteilung getroffen werden. Nach der neuen HOAI ist es auch möglich, die Honorarvereinbarung in Textform nach Vertragsabschluss und damit während der Vertragsabwicklung oder sogar nach Abschluss der vertraglich vereinbarten Leistungen noch wirksam zu treffen. Es gilt also – anders als früher – ohne schriftliche Vereinbarung bei Auftragserteilung nicht mehr die Vermutung, dass der Mindestsatz als vereinbart gilt. Auch das gilt gleichermaßen für Grund- und Beratungsleistungen.

2.3 Tafelwerte

Die Tafelwerte, die sich nach der neuen HOAI abhängig vom Schwierigkeitsgrad (Honorarzone) zwischen Basishonorar- und oberem Honorarsatz bewegen können = nicht müssen (statt Mindestsatz und Höchstsatz), bleiben im Übrigen im Vergleich zur HOAI 2013 unverändert. Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat die Gelegenheit ungenutzt gelassen, die letztmalig mit der HOAI 2013 angehobenen Tafelwerte anzupassen. Allgemeine Preissteigerungen und -entwicklungen der Büro- und Personalkosten müssen die Vertragsparteien also im Rahmen der Honorarvereinbarung berücksichtigen, um auskömmliche Honorare zu vereinbaren.

2.4 wichtige Folgeänderung § 650 q Abs. 2 BGB

Wichtig ist der Hinweis, dass bei einer Änderung des Vertrages und einer Änderung der Planungs- und Überwachungsziele, die nach dem neuen Recht für Architekten- und Ingenieurverträge seit dem 01.01.2018 gem. §§ 650 q Abs. 1, 650 b Abs. 1 und BGB jederzeit möglich sind, eine neue Honorarvereinbarung getroffen werden muss. Dafür haben nach der gesetzlichen Regelung des § 650 q Abs. 1, § 650 b Abs. 1 BGB die Vertragsparteien 30 Tage Zeit, eine Einigung herbeizuführen. Diese Einigung über die Änderung und die Auswirkungen der Änderung auf das Honorar muss wiederum in Textform erfolgen (bezogen auf das Honorar). Kommt keine Einigung über die Änderung und das „neue“ Honorar zustande, kann der Auftraggeber die Änderung nach § 650 b Abs. 2 BGB in Textform anordnen. Dann gilt wiederum ohne Honorarvereinbarung in Textform der Basishonorarsatz als vereinbart, der bei einem geänderten Vertrag und geänderten Planungs- und Überwachungszielen an die Stelle der ursprünglichen Honorarvereinbarung tritt. Deshalb wird in der neuen HOAI bei § 10 jeweils und konsequent ergänzt, dass die bei Änderungen auch nach der HOAI erforderliche Honoraranpassung in Textform erfolgen muss. Geschieht das nicht, gilt – wie gesagt – der Basishonorarsatz als vereinbart (anstelle der ursprünglich vereinbarten Honorare infolge der Änderung).

2.5 Abschlags-/Schlussrechnung und Abnahme

§ 15 der bisherigen HOAI entfällt. Stattdessen wird bei den Abschlagszahlungen auf die gesetzliche Regelung des § 632 a BGB und bei der Abnahme und Fälligkeit der Schlussrechnung auf § 650 g Abs. 4 BGB verwiesen. Architekten und Ingenieure können danach in angemessenen zeitlichen Abständen für die nachweislich erbrachten Leistungen den Honoraranteil durch Abschlagszahlung geltend machen, der auf die bis dato erbrachten Leistungen entfällt (bezogen auf das vereinbarte Honorar oder – ohne Honorarvereinbarung in Textform – den Basishonorarsatz) und nach Abnahme und Ablauf der 30-tägigen Prüffrist die Honorarforderung aus der Schlussrechnung fällig stellen (die unter Beachtung des § 271 a BGB auf bis zu 60 Tagen verlängert werden kann).

2.6 weitere Änderungen der HOAI

Ansonsten bleibt die HOAI im Wesentlichen unverändert, was z.B. die Umsatzsteuer und die Nebenkosten betrifft. Bei den Nebenkosten muss bei einer Abrechnung ohne Einzelnachweis – wie sonst auch – Textform gem. § 126 b BGB eingehalten werden (wenn vereinbart werden soll, dass die Nebenkosten im vereinbarten Honorar enthalten oder aber pauschal berechnet werden sollen). Auch alle anderen Honorarvereinbarungen – etwa die Zuschläge für Umbauten / Modernisierungen, Instandhaltungen / Instandsetzungen müssen in Textform getroffen werden, um wirksam zu sein. Diese Vereinbarungen sind auch nach Vertragsabschluss möglich, weil hier das Gleiche gilt wie bei der Honorarvereinbarung als solcher.

Die Honorare für Besondere und sonstige Leistungen (die keine Grund- und Beratungsleistungen sind) können – wie bisher auch – frei vereinbart werden. Für diese bleibt es bei der bisherigen Regelung, wonach ohne schriftliche Honorarvereinbarung – anders als bei den Grundleistungen aus der HOAI – nicht der Basishonorarsatz als Auffangtatbestand, sondern die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, die sich nach dem Ort des Bauvorhabens richtet und im Streitfall von einem Gericht mit Hilfe von Sachverständigen ermittelt werden muss.